Alex Lubet verwandelt Amy Levys Poesie in ein intimes, kraftvolles Neo-Klassik-Album für Dulcimer und Mezzosopran.

Mit Amy Levy: Songs of Love and Loss wagt sich Alex Lubet an ein ungewöhnliches Experiment: Er ersetzt das klassische Klavier im Liedzyklus durch die Bergzither, besser bekannt als Mountain Dulcimer. Das klingt zunächst nach Wohnzimmer-Folklore, entpuppt sich aber schnell als mutiger Kunstgriff. Denn Lubet, seit Jahren ein Grenzgänger zwischen Folk, zeitgenössischer Klassik und Avantgarde, kitzelt aus dem schlichten Instrument Töne heraus, die mal sanft wie ein Lute flirren, mal roh wie eine Bluesgitarre aufheulen.

Die poetische Vorlage liefert Amy Levy – eine zu Lebzeiten viel zu früh vergessene Pionierin, deren Texte von Liebe, Einsamkeit und Identität erzählen. Victoria Vargas bringt diese Verse mit einer kraftvollen und zugleich verletzlichen Mezzo-Stimme zum Leben, die jedes Wort scharf wie Glas schneidet. Besonders im 17-minütigen Zentrumstück Magdalen entfaltet sich die volle Dramatik: Vargas’ Stimme und Lubets Dulcimer verschmelzen zu einem Duett, das gleichermaßen opernhaft wie modern wirkt.

Auch klanglich ist das Ganze auf höchstem Niveau. Die Produktion von Steve Barnett und Preston Smith arbeitet jede Nuance heraus – vom Atem der Sängerin bis zum metallischen Nachschwingen der Saiten. Das verleiht der Platte eine ungeschönte Direktheit, die dich unmittelbar in den Bann zieht.

Natürlich: Nicht jede Passage zündet sofort, und die düstere Grundstimmung macht das Hören eher zur kontemplativen Erfahrung als zum leichten Genuss. Doch genau darin liegt die Stärke dieses Albums – es zwingt dich zum Innehalten, zum Zuhören, zum Nachfühlen. Am Ende bleibt ein Werk, das die Intimität des Liedzyklus neu denkt und Amy Levys Worte ins Hier und Jetzt transportiert.

Fazit: Ein mutiges, faszinierendes Album, das trotz kleiner Längen mit seiner Originalität und Emotionalität überzeugt. Bewertung: 7.5/10

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